Front-Lex - Ein Tribunal der Zivilgesellschaft
(Brüssel 2022)
Das Front-Lex Tribunal ist ein neues ehrgeiziges Projekt:
Diese Initiative wurde von einigen Flüchtlingsorganisationen und empörten Einzelpersonen ergriffen.
Nachdem die vielen Proteste gegen die mörderische Abschreckungspolitik Europas, manche nennen es zurecht die Schande Europas, gegenüber Flüchtlingen nichts geändert haben, sehen wir uns gezwungen, auf dem Rechtsweg gegen die Verantwortlichen vorzugehen.
Die Europäische Union, ihre Mitgliedsstaaten und Assoziierten, deren Regierungen, Ministerien, verantwortliche Politiker*innen und Funktionär*innen sollen für ihre Verbrechen gegen Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und an den EU-Grenzen zur Rechenschaft gezogen werden.
Das Projekt inspiriert sich am Monsanto-Tribunal 2016 in Den Haag, welches hunderte von Menschen aus verschiedenen Kontinenten versammelte. Zeugen, Geschädigte und Expert*innen berichteten über die Verletzung der Rechte und der Gesundheit von Arbeiter*innen und Verbraucher*innen, sowie über Schäden, die dieser multinationale Konzern der Natur zufügt, indem er sein chemisches Gift überall auf der Welt auf kriminelle Weise verbreitet. Das Tribunal fand hohe Beachtung. Eine internationale Gruppe von fünf namhaften und anerkannten Expertenrichter*innen kam zu einem einstimmigen Rechtsgutachten, das ein Präzedenzfall im Kampf gegen die Verbrechen eines multinationalen Konzerns darstellt.
Es ist klar und durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegt, dass Flüchtlinge gezwungen sind, gefährliche Routen zu wählen, nachdem die legalen und sicheren Wege blockiert sind.
Verletzungen und Todesfälle wurden von vielen NGOs und auch von offiziellen internationalen Agenturen registriert.
Nachdem die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten sich aus der Seenotrettung zurückgezogen hatten, haben viele Rettungsorganisationen die Verletzung von Menschenrechten und unterlassene Hilfeleistungen für Personen in Seenot und Todesgefahr dokumentiert. Dies ist ein wesentlicher Anklagepunkt für das Tribunal.
In jüngster Zeit haben technische Untersuchungen konkrete Beweise für körperliche Verletzungen, Zurückdrängung und andere Verstöße erbracht und diese durch Journalist*innen und soziale Medien weithin bekannt gemacht. Darüber hinaus gibt es immer stärkere Nachweise und Kritik zur Komplizenschaft europäischer Staaten und Institutionen bei Menschenrechtsverletzungen in Pufferstaaten wie Libyen, in welche die EU-Grenzkontrolle externalisiert wurde.
Wir wollen eine Gruppe von renommierten Richter*innen aus europäischen Ländern zusammenstellen, die sich beim Tribunal die Expertenberichte, Aussagen von Flüchtlingen und Plädoyers ihrer Anwälte anhören.
Die möglichen Anklagepunkte (Unterlassene Hilfeleistungen, Beihilfe zum Mord, Verletzung des Seenotrechts, Verletzung der Menschenrechte u.a.) werden vorher von Juristen und Expert*innen gründlich untersucht.
Die Rechtsgutachten der Expert*innen und das abschliessende Rechtsgutachten der Richter*innen soll als juristische Grundlage für spätere Prozesse dienen.
Das Tribunal soll auch Hilfsorganisationen, Seenotretter*innen und Flüchtlingshelfer*innen rehabilitieren, die zu Unrecht kriminalisiert wurden. Hilfeleistung ist eine menschliche Pflicht und keine Straftat.
Menschen und zivile Organisationen an Hilfeleistungen zu hindern, ist unmenschlich. Die dafür Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
Wir werden ein europäisches Dokumentationszentrum schaffen
und Organisationen und Einzelpersonen, die im Mittelmeerraum und an den Außengrenzen arbeiten, miteinander verbinden und ihr Wissen und ihre Erfahrung auswerten.
Wir streben eine Zusammenarbeit mit aufrichtigen Mitgliedern des Europäischen Parlaments an, welche bereit sind, sich in unserem Sinne an dieser Aufgabe zu beteiligen.